Mittlebenskrise des XY-Chromosoms

Dank der Wärme und Schwüle der letzten Tage, hatte ich keinerlei Interesse an Heiß- oder Warmgetränken. Hatte keinerlei Jieper drauf, ebenso wenig benötige ich Kaffee zum Wachwerden resp. am Morgen, denn auf leeren Magen finde ich Kaffee in jeglicher Form furchtbar.

Aber das wollte ich eigentlich gar nicht erzählen.

Ich wollte über Männer sprechen.

Über Männer, die von ihrer Jetzigen zu einer Zukünftigen springen. Und vielleicht sogar wieder zurück. Es gibt sie gewiss öfter als man denkt, die "Mittlebenskriselnden".
Ich kenne sie aus der Vergangenheit nur in männlicher Form und deswegen kann ich auch nur darüber berichten.

Sie sind im Schnitt deutlich über 40 Jahre alt, manchmal auch drunter. Ja, auch mit Mitte 30 soll es schon Männer gepackt haben.
Dann kaufen sie Sportwagen, eine Harley oder betrügen ihre Frau/Freundin.
Irgendein Prozess setzt ein, irgendetwas beginnt zu ticken, so, als würden sie denken, "War das schon alles? Kann doch nicht sein. Wo ist der Kick? Immer der gleiche Trott, immer die Tretmühle".

Für Außenstehende sind die ersten Anzeichen nur selten sichtbar, aber er begibt sich im trauten Heim auf die Suche. Er sucht nicht etwa seine Socken, denn die hat sie ja immer in die oberste Schublade gelegt, sondern einen Ausweg aus der beginnenden Schraube der Lethargie, befürchtet er.

Und dieser Ausweg ist sehr häufig eine Frau. Natürlich nicht die eigene, denn sie kennt er, seit Jahren, seit Jahrzehnten. Ihren Duft, ihr Lachen, ihre Eigenarten, aber auch die Durststrecken in ihrem gemeinsamen Leben, die Routine, die nicht immer liebgewonnene.

Verlassen möchte er sie nicht, da er sie liebt. Denkt er. Und da sind ja auch noch die Kinder, die Raten für's Haus und das Gefühl der Sicherheit, der Vertrautheit, von dem er sich nicht freimachen kann und möchte.

Doch dann trifft er die Andere und oft beginnt es als Flirt. Wo das geschieht ist irrelevant. Es kann überall sein.

Da ist er, der Kick! Das Kribbeln, das Neue. Das Herz schlägt wieder schneller, wenn ihre Nummer auf dem Zweithandy aufblinkt oder ihre eMail-Adresse in seinem Account erscheint. Alles fängt bei 0 an.
Die andere Frau duftet anders, lacht anders und er begehrt sie ebenso wie sie ihn. Er sieht wieder Farben, wo es zuvor nur grau gab.
Nun gibt es zwei Frauen.
In vielen Fällen wissen beide irgendwann voneinander und das nicht, weil er es freiwillig erzählt, sondern weil es allzu viele Anzeichen für das Geschehen gibt.

Die Andere wird sich fragen, ob es das ist was sie will - einen liierten Mann, ein Versteckspiel, ein "Vielleicht nie der meine" oder ob es gerade das ist, was sie will.

Sie wird sich fragen, was ihm fehlt, was sie falsch gemacht hat, ob sich das Kämpfen lohnt oder sie ihn  komplett aufgeben muss. Seit wann er sie betrügt, was die Andere hat.

In vielen, sehr vielen Fällen wird die Andere nach einer gewissen Zeit verlassen. Wie eine Achterbahnfahrt, die beendet ist und als wäre der Kick ausreichend, um ihn danach wieder in das Gefühl der Sicherheit, der Vertrautheit zu entlassen.

Dass er die Andere wählt ist durchaus eine Option, die aber nur dann in Frage kommt, wenn ihn wirklich nichts mehr hält, wenn er sich "sattgeliebt". Die Achterbahnfahrt geht also weiter, verlangsamt sich aber auch hier irgendwann und führt in ein Gefühl der Vertrautheit, das vielleicht ewig Ruhe vermittelt oder aber nicht.

Wenn er jedoch nach der bewussten Wahl der Anderen und einer mit ihr durchlebten Zeit zu ihr, seiner Ehemaligen, zurückkehrt, ist das ein Beleg für die wahre, ewige Liebe, die alle Trennungen übersteht? Oder ist es nur Pragmatismus? Und ist es erstrebenswert, dass die Ehemalige ihn nach dem Geschehenen zurücknimmt?

Sollte er aber schwanken, mal zu ihr, mal zu der Anderen tendieren, ist das womöglich die schmerzhafteste Variante, die mindetens einer Frau Leiden zufügt und zudem wird eine Wahl, eine finale Entscheidung nur hinausgezögert.

[Aus dem Nähkästchen geplaudert / Inspiriert durch den aktuellen Fall eines öffentl. Mann mit Frau u. Geliebter]


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